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Sieben Fragen an Geschäftsführer Björn Seipp

49-jähriger im Gespräch mit der Handballwoche

Seit über zwölf Jahren leiten Sie als Geschäftsführer die Geschicke der HSG Wetzlar. In dieser Zeit setzten die Grün-Weißen mit Endplatzierungen wie als Sechster (2016/17) oder Siebter (2012/13, 2021/22) durchaus Ausrufezeichen. Jetzt, sieben Spieltage vor Rundenende, sitzt das Abstiegsgespenst im HSG-Nacken. Haben die Wetzlarer Handballer ihren authentischen Auftritt, ihr Gesicht verloren?

So wie diese Frage gestellt ist, gibt sie ein gutes Spiegelbild in puncto Erwartungshaltung an Klub und Mannschaft wieder. Unsere starken Leistungen haben diese stetig wachsen lassen. Wir sind in fast jedem Jahr mit neu formierten und teils jungen Mannschaften gestartet, immer mit dem Risiko, dass es uns aufgrund von Verletzungspech, nicht so zündenden Neuzugängen oder schwächelnden Leistungsträgern vor noch größere Herausforderungen stellt. Das ist jetzt der Fall, hätte uns aber jedes Jahr passieren können. Und deshalb zurück zur Frage, die Antwort ist: Nein.

Bereits im November 2022 reklamierten Sie nach der Freistellung von Trainer Ben Matschke den „Ernst der Lage“. Nach der ersten Interimslösung mit Jasmin Camdzic und Filip Mirkulovski kam Hrovje Horvat als neuer Coach, nach ihm nun wieder die zweite Interimslösung. War die Episode Horvat mit nur einem Sieg in zehn Begegnungen nicht doch ein riesengroßes Missverständnis?

Sie war definitiv kein Missverständnis. Das wäre sicherlich keine faire Betrachtung der Arbeit. Hrvojes Entlassung war für uns letztlich alternativlos, weil er sich nicht an unsere unmissverständlichen Absprachen bei seiner Verpflichtung gehalten und deshalb unser Vertrauen gebrochen hat. Unsere heutigen Herausforderungen, denen wir uns stellen, haben ihren Ursprung aber deutlich früher.

Kampfkraft, Leidenschaft, Körpersprache waren über Jahre die Primärtugenden der HSG. Diese Eigenschaften sind mit Hilfe eines „Performance Coachs“ zumindest bei den Auswärtssiegen in Stuttgart und Göppingen geweckt worden. In Gummersbach hat die Mannschaft jedoch erneut den Abstiegskampf nicht angenommen. Fehlt es einigen Spielern an der Identifikation mit ihrem Arbeitgeber?

Die Identifikation unserer Spieler mit der Region Wetzlar und auch mit unserem Verein ist nach wie vor sicher sehr gut. Das zeigen auch immer wieder unsere Gespräche. Aber ich kann nach einem Auftritt wie in Gummersbach verstehen, dass Außenstehende diesen Eindruck haben können. Die gesamte Mannschaft wirkte nicht wach, nicht fokussiert und aggressiv. Es hat an Kommunikation, Mut und Glaube gefehlt. All das, was uns in den Wochen zuvor in Stuttgart und Göppingen ausgemacht hat und wo man hätte denken müssen, dass die Mannschaft auch aufgrund des zielgerichteten Coachings verstanden hat, dass diese Parameter unabdingbar sind, um Spiele zu gewinnen, waren nicht mehr so klar vorhanden. Das wurde intern angesprochen und intensiv aufgearbeitet. Jetzt heißt es Gummersbach aber abzuhaken und das Positive aus der zweiten Halbzeit mitzunehmen.

Oder anders gefragt: Ist die Wetzlarer Philosophie gescheitert, hoffnungsvolle Nachwuchstalente als „Back Up“ für die Stammspieler zu verpflichten, sodass es keine tatsächlichen Alternativen gibt, wenn der Positionsspieler ausfällt?

Nein. Wir werden natürlich diese Saison im Nachgang tiefgehend analysieren. Jedoch liegt in der Ruhe die Kraft. Unsere erfolgreiche Philosophie der vergangenen Jahre jetzt spontan im Aktionismus zu ändern, ist sicher falsch. Sie zeichnet die HSG Wetzlar aus.

Die Mannschaft wieder in die Spur zurückzubringen, ein homogenes Team zu bilden, das Charakter hat – wie Sie einst selbst sagten - ist Aufgabe aller HSG-Verantwortlichen. Ist dies allerdings jetzt kurz vor Rundenschluss noch möglich?

Es ist immer möglich die Sinne zu schärfen und gemeinsam bedingungslos für ein Ziel zu kämpfen. Die Mannschaft hat in Stuttgart und Göppingen gezeigt, zu welchen Leistungen sie im Stande ist, wenn sie als Team fokussiert ist und jeder in seiner Aufgabe und im jetzt bleibt. Nur das zählt. Es liegt weiterhin alles in unserer Hand.

Die Mitnahme des Publikums ist für die Mission Klassenerhalt besonders wichtig. Doch derzeit sind keine Sympathie- und Hoffnungsträger auf dem Feld erkennbar, kein „aggressive leader“ vorhanden, mit deren Auftritt sich die Fans identifizieren können?

Das sehe ich ganz anders! Unsere Fans stehen voll hinter der Mannschaft. Wir erleben täglich viele Sympathiebekundungen und verspüren eine enorme Identifikation. Kritik, die von unseren Anhängern geäußert wird, bedeutet ja nicht automatischen Komplettentzug von Herzenswärme. Die Stärke unseres Teams ist das Team, das WIR.

Sportlich hat die HSG den Klassenerhalt in ihrer Jubiläumssaison noch nicht sicher, doch in wirtschaftlicher Hinsicht gab es von der HBL bereits die Lizenz für die nächste Erstligasaison. Planen Sie als Geschäftsführer derzeit „erstklassig“ oder auch „zweigleisig“?

Wir planen immer kaufmännisch verantwortungsvoll und haben die Lizenz für beide Ligen erhalten.

Quelle: Handballwoche

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