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Hessen ist Grün-Weiß

HSG Wetzlar gewinnt das Hessenderby gegen die MT Melsungen mit 28:27

Bild: Oliver Vogler

Was war das für ein Hessenderby! Was waren das für letzte 60 Sekunden! Die HSG Wetzlar setzt sich in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga nach einem packenden Spiel mit 28:27 (15:15) gegen die MT Melsungen durch.

Lenny Rubin schnappte sich zehn Sekunden vor Schluss den Ball, den Anadin Suljakovic kurz zuvor zwei Mal abgewehrt hatte, und machte sich auf den Weg in Richtung gegnerisches Tor. Drei Melsunger standen ihm im Weg, drängten ihn weit nach links ab. Aus dieser Seitwärtsbewegung schaffte es der Schweizer den Arm irgendwie in Richtung Tor zu drehen und die Kugel am verdutzten MT-Torhüter Nebojsa Simic vorbeizumogeln. Der Ball zappelte im Netz und die Mehrheit der 3708 Zuschauer brach in kollektiven Jubel aus. Lediglich die etwa 250 mitgereisten Melsunger Fans verfielen in Schockstarre. Zu nahe war Melsungen in seinem letzten Angriff am Sieg.

Gut zwei Jahre ist es her, dass die Wetzlarer Jungs im Hessenderby gegen die Nordhessen siegreich waren. 31:28 hieß es am 5. Dezember 2021 im Wetzlarer Wohnzimmer. Es war erst der neunte Erfolg in 37 Spielen gegen die MT.

Mit dem Frust aus dem verlorenen Pokalspiel in Magdeburg ging die HSG von der ersten Sekunde an konzentriert zu Werke. HSG-Trainer Frank Carstens musste neben Lukas Becher kurzfristig krankheitsbedingt auch auf Emil Mellegard verzichten. So fing Youngster Phil Spandau auf Linksaußen an und kam so zu seinem zweiten Einsatz in der Bundesliga und seinem ersten in der Buderus Arena. In Magdeburg hatte Spandau bereits seinen ersten Bundesliga-Treffer erzielt, gestern Abend machte er seinen zweiten und das gleich in der ersten Minute zum 1:0 für die Grün-Weißen.

Die erste Halbzeit war sehr ausgeglichen. Die Führung wechselte mehrmals und außer beim 2:0 von Rasmus Meyer Ejlersen gelang es keiner Mannschaft, sich mit mehr als einem Tor abzusetzen. Es war auch eine Abwehrschlacht, die die Schiedsrichter allein in den ersten 17 Minuten mit sechs Zeitstrafen quittierten. Vier davon kassierten die Wetzlarer Jungs, die sich davon aber nicht von ihrem Weg abbringen ließen.

Wetzlar verteidigte die Unterzahlsituationen gut weg und machte auf der anderen Seite sogar fünf Tore. Nach 18 Minuten (11:11) schickte Melsungens Coach Roberto Garcia Parrondo Simic für Adam Morawski auf die Platte. Der Montenegriner führte sich gleich mit einer Parade ein und war am Ende neun Mal Endstation Wetzlarer Würfe. Kurze Zeit später betrat auch der 2-Meter-15-Mann Dainis Kristopans das Feld, den die HSG über weite Strecken gut im Griff hatte.

Magnus Fredriksen steuerte im Angriff das Wetzlarer Spiel, setzte immer wieder seine Nebenleute gut in Szene, schickte Domen Novak per Kempa-Anspiel zum 13:12. Ein vergebener Siebenmeter verhinderte die Wetzlarer Führung zur Pause, sodass es mit 15:15 in die Kabinen ging.

Nach dem Seitenwechsel kam Suljakovic für Till Klimpke ins Tor und Hendrik Wagner für Spandau auf Linksaußen. „Wir haben uns schon einen Plan gemacht, wie wir das hinten lösen müssen“, erklärte Carstens. „In der zweiten Halbzeit, wo wir den langen Weg hatten, konnten wir natürlich keinen Abwehr-Angriff-Wechsel mehr durchführen, so wie in der ersten Halbzeit. Der Einzige, der sich im letzten Wurftraining auf Außen hingestellt hat, außer Phil, war Hendrik und hat sich damit selbst aufgestellt.“

Nach der 17:16-Führung durch Fredriksen hakelte es etwas im Wetzlarer Getriebe. Nationalspieler Timo Kastening brachte Melsungen mit 18:17 in Führung, Meyer Ejlersen musste nach einem Zusammenprall behandelt werden. Doch auch Melsungen leistete sich einige Fehler, die die Wetzlarer Jungs per Siebenmeter von Domen Novak zum 21:18 nutzten. Die HSG verteidigte mit Leidenschaft und kämpfte um jeden Zentimeter. Bei Ballverlusten zeigten die Wetzlarer Jungs ein schnelles Rückzugsverhalten und blieben bis zum 23:20 von Ole Klimpke mit drei Toren in Front.

Innerhalb weniger Minuten war der schöne Vorsprung wieder dahin. Eine Zeitstrafe für Meyer Ejlersen, ein technischer Fehler und eine Parade von Simic verhalfen der MT zum 23:23. Die Wende lag in der Luft, wurde aber von der HSG verhindert. Stefan Cavor wühlte sich durch die Melsunger Abwehr zum 26:24, doch Kastening glich in der 56. Minute zum 26:26 per Gegenstoß aus.

Es folgten vier verrückte Minuten, die für die Fans der Grün-Weißen ein Wechselbad der Gefühle werden sollten. In Unterzahl klaute Kastening die Kugel. Hinten kassierte Vladimir Vranjes eine Zeitstrafe. Wetzlar verteidigte die Unterzahl, David Mandic trifft von außen nur die Latte. Stefan Cavor sorgte wieder für die 27:26-Führung, doch Kastening drehte die Kugel zum 27:27-Ausgleich ins Tor. Simic verhinderte die Wetzlarer Führung und verhalf der MT zu ihrem letzten Angriff mit der Chance auf den Sieg. Suljakovic und Rubin stellten sich in den Weg und ließen die Halle beben.

„Wenn ein solcher Ball am Ende reingeht, das habe ich noch nicht so oft gesehen“, sagte Carstens. „Das passte aber so ein bisschen zum Spiel von Lenny Rubin heute. Das war insgesamt eine sehr starke Mannschaftsleistung, mit vielen Geschichten, mit vielen starken Einzelleistungen, aber auch mit der überragenden Spielführungen durch Magnus. Heute haben wir glaube ich, jeden Angriff annähernd auf den Punkt gespielt. Das war ganz stark und natürlich der Kampf in der Verteidigung. Wir haben aus den letzten Spielen wichtige Lehren gezogen und sind heute in die richtige Richtung marschiert. Ich freue mich sehr, dass das Team sich jetzt tatsächlich auch mit zwei Punkten belohnt hat. Das hat heute wahnsinnig Spaß gemacht, mit dieser Stimmung hier, mit dieser Unterstützung. Gerade dann, als unsere Körner so ein bisschen nachließen, haben die Leute uns hier nach vorne geschrien. Ganz geiles Erlebnis, danke dafür.“

Stenogramm:

HSG Wetzlar: Till Klimpke, Suljakovic; Pedersen, Meyer Ejlersen (2), Ole Klimpke (2), Vranjes (1), Spandau (1), Fredriksen (1), Wagner, Zelenovic, Rubin (8), Fuchs (1/1), Novak (6/4), Cavor (6).

MT Melsungen: Morawski, Simic; Kühn (4), Balenciaga (4), Mandic, Sipos, Kristopans (3), Ignatow (1), Moraes (3), Drosten (1), Arnarsson, Aho, Martinovic (3/2), Kastening (8/2).

Schiedsrichter: vom Dorff/vom Dorff (Kaarst). – Zuschauer: 3708. – Zeitstrafen: 12:10 Min. – Rot: Sipos (55., drei Zeitstrafen). – Siebenmeter: 6/5:5/4.

Letztes Spiel

27.04.2024 - 19:00 Uhr
Schwalbe-Arena

35 : 28

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