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Stefan Cavor: „Die Fans geben uns unglaublichen Rückenwind!“

Rückraumspieler Stefan Cavor hat seinen Vertrag bei der HSG Wetzlar langfristig bis 2026 verlängert. In unserem Interview erzählt unsere Nummer 77 wie er Profi wurde, wie das Verhältnis zu seiner Familie in Montenegro ist und warum die Fans in Wetzlar so besonders sind.

Bild: Oliver Vogler

Wir blicken weit zurück: wann hast Du angefangen mit dem Handball?

Mit acht Jahren habe ich das erste Mal Handball gespielt. In meiner Familie hat vorher noch niemand Kontakt mit Handball und die Geschichte, wie ich dazu kam, ist ganz lustig. Ich war auf einem Kindergeburtstag und dort haben wir Dart gespielt. Der Vater des Geburtstagskindes hat eine Handballmannschaft trainiert und gesehen, dass ich mit meiner linken Hand werfe und mich gefragt, ob ich nicht mal Handball ausprobieren möchte. Ich bin dann zu einem Training gegangen, es hat mir viel Spaß gemacht und ich bin dabeigeblieben.

Wann hast Du gemerkt, dass du Profi werden könntest?

Für meine Familie und mich stand die Schule immer an erster Stelle. Als ich 15 Jahre alt war, kam ein Anruf aus Spanien von Ciudad Real, die mich zu einem Probetraining eingeladen haben. Nach diesem Telefonat habe ich gedacht, dass ich vielleicht Profi werden könnte, aber vorher habe ich das nie im Kopf gehabt.

Warum hast Du Dich für einen Wechsel nach Spanien entschieden?

Im Oktober 2010 war ich für zehn Tage in Spanien und habe dort bei der 1. und 2. Mannschaft von Ciudad Real mittrainiert. Danach hatten wir einige Gespräche mit meiner Familie und haben beschlossen, dass ich erstmal bis ich 18 Jahre alt bin, in Spanien bleiben werde, um dort vielleicht Profi werden zu können. Die Voraussetzungen bei Ciudad Real waren dabei deutlich besser als in Montenegro.

Wie war die Anfangszeit dort für Dich?

Das war richtig schwer. Ich war sehr jung und das erste Mal von zuhause weg. Ein bisschen leichter wurde es dadurch, dass ein weiterer Spieler aus meiner Heimatstadt mitgekommen ist. Milos Bojovic spielt jetzt in der 2. Liga in Frankreich. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es für mich schwer, aber noch viel schwieriger für meine Familie war. Wenn das einzige Kind mit 15 Jahren ins Ausland geht, ist das kompliziert.

Von Ciudad Real bist Du dann nach Slowenien gewechselt. Wie war es beim RK Celje?

Für mich war der Wechsel der absolut Richtige. Celje fördert junge Spieler sehr gut und ich habe viel dazugelernt. Insgesamt war ich anderthalb Jahre in Celje, aber dann nicht so zufrieden mit meinen Einsatzminuten und wollte deshalb wechseln, um mehr zu spielen. In meiner Zeit sind wir Meister und Pokalsieger geworden, das waren schöne Momente.

Von Slowenien ging es nach Ungarn zum Csurgói KK, wie war dort die Zeit für Dich?

Das war der nächste richtige Schritt für mich. Ich bin im September nach Ungarn gekommen und ja immer noch sehr jung. Die Mannschaft war mit vielen guten und erfahrenen Spielern besetzt. Das erste Jahr war dann nicht so einfach, aber im zweiten Jahr wurde ich der beste Torschütze der Liga und wir haben im EHF-Cup gespielt. Nach der zweiten Saison in Csurgoi kam dann auch schon der Anruf aus Wetzlar.

Wie schnell hast Du dich dann für die HSG Wetzlar entschieden?

Von Ungarn in die Bundesliga war eine ganze neue Herausforderung. Ich war erst 21 Jahre alt und mir erst nicht sicher, ob ich schon gut genug bin für die stärkste Liga der Welt. Aber dann habe ich darüber nachgedacht und entschieden, dass ich es einfach ausprobiere. Natürlich habe ich auch mit Vladan Lipovina gesprochen und er hat nur in Superlativen von Wetzlar gesprochen. Mein erstes Spiel habe ich dann bei den Rhein-Neckar Löwen Ende Oktober gemacht.

Du bist während der Saison von Ungarn nach Wetzlar gekommen? Wie groß war die Umstellung?

Ich dachte die ungarische Liga wäre gut, aber als ich dann nach Deutschland kam, war es eine komplette Veränderung. Die Bundesliga heißt wirklich nicht umsonst stärkste Liga der Welt. Hier kann Kiel auch gegen Wetzlar verlieren, das geht in Ungarn nicht (lacht).

Du hast schon in vielen Ländern gespielt, welche Sprachen sprichst Du?

Also natürlich spreche ich montenegrinisch und ich kann eigentlich auch alle Sprachen aus dem früheren Jugoslawien sprechen. In der Schule habe ich schon italienisch gelernt und dann war es einfacher für mich spanisch zu sprechen. Das konnte ich mal sehr gut, aber habe natürlich ein bisschen verlernt. Während meiner Zeit in Ungarn, habe ich auch ein bisschen ungarisch aufgeschnappt.  Ansonsten spreche ich natürlich englisch und deutsch. Beides kann ich fast gleich gut. 

Wann bist Du das erste Mal für die Nationalmannschaft aufgelaufen?

Mein erstes Spiel war in der Qualifikation für die Europameisterschaft in Polen, also im Jahr 2015 gegen Serbien. Wir haben das Spiel zwar verloren, aber dann in der Qualifikation gegen Island und Israel gewonnen und uns für die Endrunde qualifiziert. Ich habe unglaubliche Emotionen in mir, wenn ich für Wetzlar spiele, aber bei der Nationalmannschaft ist es nochmal anders, weil da gefühlt immer meine ganze Familie in der Halle sitzt. Für das eigene Land zu spielen ist nochmal ein besonderes Gefühl. 

Jetzt kommen wir mal zu Deiner Zeit in Mittelhessen. Was war bisher Dein bestes Spiel in Wetzlar?

Das waren drei sehr gute Spiele gegen Magdeburg, Kiel und Flensburg. Anfang der letzten Saison bin ich mit elf Tore gegen Flensburg gestartet und im Pokal gegen den THW Kiel habe ich zehnmal getroffen. Diese drei Spiele waren schon sehr ordentlich, da habe ich sehr gut in der Abwehr und im Angriff gespielt. Wichtiger als meine eigenen Tore ist mir aber immer, dass wir gewinnen.

Was war Deine schwerste Verletzung?

Das war tatsächlich mein Handbruch im April. Ich hoffe das bleibt meine schwerste Verletzung. (klopft auf den Holztisch)

Hast Du Rituale vor dem Spiel?

Ich habe nicht so viele Rituale, aber eine besondere Routine. Ich stehe relativ früh auf, esse nur wenig und lege mich nachmittags nochmal kurz hin. Direkt vor dem Spiel schaue ich mir immer nochmal Statistiken oder Videos von den Gegnern an und höre meine eigene Musik. Beim Aufwärmen benutze ich immer ein Gummiband, das ist mir wichtig.

Wie wichtig sind Dir die grün-weißen Fans?

Das ist für uns das Allerwichtigste! Beim ersten Spiel gegen Lemgo hatte ich einfach ein überragendes Gefühl, denn wenn wir zuhause spielen, können wir wirklich gegen jede Mannschaft gewinnen. Die Fans geben uns so einen Rückenwind, unglaublich! Als wir ohne Zuschauer spielen mussten, war ich immer ein bisschen traurig, jetzt ist es wieder komplett anders. Bei der Bekanntgabe meiner Vertragsverlängerung hatte ich wirklich Gänsehaut!

Welcher Mitspieler bringt Dich am meisten zum Lachen?

Ganz klar Filip Mirkulovski. „Zuti“ ist sozusagen der Kapitän von uns Balkan-Boys und immer lustig. Er ist zwar ruhig, aber wenn er Witze macht, sind die überragend.

Welches Amt hast Du in der Mannschaft?

Ich muss mich immer um die Eisbox kümmern. Bei den Auswärtsspielen nehme ich sie mit und kümmere mich darum, dass sie gefüllt wird. Inzwischen bin ich ja auch im Kapitänsrat und dort besprechen wir immer wieder einiges rund um die Mannschaft.Das ist eine Ehre für mich!

Was hast Du für ein Verhältnis mit deinen Eltern?

Ich bin Einzelkind und das ist natürlich eine besondere Beziehung. Familie bedeutet für mich wirklich alles! Ich freue mich immer, wenn ich meine Familie in Montenegro besuchen kann und der Abschied fällt besonders meiner Mutter sehr schwer.

Wie sieht ein perfekter Tag ohne Handball für Dich aus?

Ein perfekter Tag ist bei mir in meiner Heimatstadt Budva. Ich frühstücke gemeinsam mit meinen Eltern und gehe mit Freunden Kaffee trinken und Zeitung lesen. Wer am Meer geboren ist, geht erst später am Tag an den Strand. Also würde ich spätnachmittags mit Freunden dorthin gehen, ein bisschen schwimmen und Volleyball spielen. Das klingt perfekt für mich. 

Was ist Dein Lieblingsessen?

Im Balkan mögen die Menschen sehr gerne Fleisch und ich esse viel Fleisch. Ich mag aber fast alles. 

Welche Art von Musik hörst Du?

Auch bei der Musik bin ich pflegeleicht. Ich höre ganz viel Unterschiedliches: Latino, Musik vom Balkan aber auch alte Lieder. 

Welcher ist Dein Lieblingsspieler aller Zeiten?

Ich kann nicht nur einen nennen. Auf meiner Position würde ich sagen Kiril Lazarov, Kim Andersson und Ólafur Stefánsson. Diese drei Spieler waren immer meine Idole. 

Wie würdest Du dich in drei Worten beschreiben?

Lustig, Kämpfer und loyal.

Welche Charaktereigenschaft würdest Du gern an dir ändern?

Ich erledige oft Dinge auf den letzten Drücker und mache mir dann selbst Stress. Ich würde gerne ändern, dass ich nicht immer alles in den letzten fünf Minuten mache. 

Was ist das Erste, was Du morgens nach dem Aufstehen machst?

Ich mache mir erstmal Frühstück. Das sind meistens zwei, drei Eier und ein Brötchen mit Schinken und Käse. Dann trinke ich noch einen Kaffee und kann in den Tag starten. 

Was ist deine Lieblingsserie?

In der letzten Zeit gab es viele gute Serien. Meine Favoriten aus der letzten Zeit sind Peaky Blinders, Games of Thrones und Haus des Geldes. 

Nächstes Spiel

27.04.2024 - 19:00 Uhr
Schwalbe-Arena

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