Leichte Fehler und „Panik-Handball“ in Schlussviertelstunde
Die Bundesliga-Handballer der HSG Wetzlar haben sich im Heimspiel gegen den TBV Lemgo Lippe die Chance auf zwei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt selbst geraubt. Nach 45 starken Minuten und bei einer Führung von 19:15 riss bei den Grün-Weißen aufgrund zahlreicher Ungenauigkeiten im Angriff der Faden komplett. Lemgo, das bis dahin auch keine Glanzleistung aufs Parkett legte, kam im 7:6-Überzahl- und Konterspiel zu einem 7:0-Lauf und ging binnen neun Minuten mit 21:19 in Führung. Am Ende hielt Wetzlar dem mentalen Druck nicht mehr Stand , spielte zum Teil „Panik-Handball“ und verlor die Partie mit 24:27. Was blieb war Enttäuschung und Entsetzen über die unnötige Niederlage in den Gesichtern der Fans.
Die HSG Wetzlar war leidenschaftlich, mutig und aggressiv ins Spiel gestartet, so wie von Trainer Frank Carstens im Vorfeld gefordert. Mit dem ersten Angriff traf Lenny Rubin per Sprungwurf aus der Mitte zum 1:0. Auf der Gegenseite war es der geschickt freigespielte Lemgoer Rechtsaußen Lukas Zerbe, dem der Ausgleich gelang (2.).
Was folgte war die erste wilde Phase im Spiel, mit einem fehlerhaften Hin und Her. Wetzlars Keeper Till Klimpke parierte einen Siebenmeter von Samuel Zehnder und im Gegenzug machte Stefan Cavor der Flaute ein Ende und traf per Durchbruch durch die Mitte.
Wetzlars neuer Mittelblock um Routinier Vladimir Vranjes und Kämpfer Rasmus Meyer Ejlersen stand kompakt und machte den TBV-Angreifern das Leben schwer. Dahinter verdiente sich ein starker Till Klimpke mit zahlreichen Paraden Bestnoten.
So sorgte nach einem Fehlwurf von Cavor und einem schnellen Ballgewinn auf der Gegenseite Meyer Ejlersen in der 10. Spielminute für das 5:2. Cavor und Kuzmanovski konnten dann den Zwischenstand dann sogar auf 7:2 erhöhten, was Gästetrainer Florian Kehrmann zu seiner ersten Auszeit zwang.
Doch die schien zu verpuffen. Die Wetzlarer Abwehr stand sicher und es entwickelte sich ein knapp fünfminütiges Fehlerfestival, allerdings auf beiden Angriffsseiten. Wetzlars Novak nimmt den Ball im Aus stehend an, Lemgo verliert den Ball im Vortrag, Rubin mit Fehlpass, Schritte Hutecek und Stürmerfoul Rubin und Vranjes. Erst Lemgos Rechtsaußen Leve Carstensen beendet das bunte Treiben mit seinem Treffer zum 4:7 (19.). Doch Rubin antwortet im direkten Gegenzug mit dem 8:4 für die Hausherren, deren Vorsprung zu diesem Zeitpunkt hätte schon höher ausfallen können.
Vor allem der um Gefährlichkeit bemühte Stefan Cavor machte dies aber mit zahlreichen, teils überhasteten oder ungenauen Abschlüssen zu Nichte. Nachdem Wetzlars agiler Kreisläufer Rasmus Meyer Ejlersen in der 23. Spielminute auf 10:5 erhöht hatte, stellte Gästetrainer Kehrmann um, ließ seine Mannschaft ab da durchweg 7:6-Überzahl spielen. Resultat war zunächst ein Treffer aufs leere Tor durch Domen Novak, nachdem Klimpke gegen TBV-Kreisläufer Jan Brosch pariert hatte. Florian Kehrmann nahm die zweite Auszeit und wies sein Team zurecht, während die Zuschauerzahl präsentiert wurde. Nur 2.307 Zuschauer konnten begrüßt werden, was ein Raunen auf den Rängen verursachte.
Mit Wiederanpfiff gewann Filip Kuzmanovski einen Ball, doch sein Wurf aufs leere Tor verfehlte sein Ziel deutlich. Suton und Broich waren es, die im Nachgang Lemgo mit zwei Treffern im Spiel hielten, ehe auf der Gegenseite Domen Novak per Leger zum 13:8 traf. Den Schlusspunkt unter eine deutlich verbesserte erste Halbzeit der Wetzlarer setzen die Gäste durch Lukas Zerbe per verwandeltem Siebenmeter (9:13).
Nach dem Wechsel dauerte es bis zur 34. Minute ehe Domen Novak zum 14:9 traf, per verwandeltem Siebenmeter. Vladimir Vranjes erhöhte im nächsten Angriff dann sogar per verwandeltem Abpraller auf 15:9 für die Hausherren.
Doch Lemgo ließ sich nicht beirren und hielt im Angriff am 7:6 fest. Eine Strategie von Florian Kehrmann, die sich letztlich auszahlen sollte. Lemgo erzielte einfache Tore, wie durch den widergenesenen Suton und den bulligen Brosch am Kreis (14:17, 42. Minute) und Wetzlar begann Fehler zu machen. Vor allem Stefan Cavor, der am Ende acht Fehlversuche hatte, scheiterte ein ums andere Mal an TBV-Keeper Kastelic, der sich zum Ende der Partie deutlich steigerte.
Außen Carstensen und Zerbe ziehen Mittelhessen am Ende den Zahn
Mit einem Schrittfehler von Cavor in der 45. Minute begann der „Anfang vom Wetzlarer Ende“ in der Partie. Lemgo spielte in Überzahl immer wieder seine treffsicheren Außen Leve Carstensen und Lukas Zerbe frei, die entweder vom Flügel oder per Gegenstoß alle sieben Treffer beim 7:0-Lauf der Ostwestfalen erzielten. Und Wetzlar verlor die Nerven, machte entweder Fehler, schloss ungenau ab oder scheiterte aussichtsreich an Kastelic. Vor allem Spielmacher Magnus Fredriksen entglitt die Partie mit zunehmender Spielzeit vollends.
Beim Stand von 22:20 für Lemgo (55.) stemmte sich vor allem Lenny Rubin gegen die drohende Niederlage. Der Schweizer übernahm Verantwortung und traf nach zwei Einzelleistungen doppelt. Nach einem Foul an Rubin gab es zudem Siebenmeter, den Domen Novak sicher zum vielumjubelten 23:23-Ausgleich verwandelte. Bei den grün-weißen Fans keimte wieder Hoffnung auf, die Lemgo aber mit einem sicheren Angriffsspiel zerstörte. Zerbe traf im Zeitspiel zunächst zum 24:23 und dann per Tempogegenstoß zum 25:23 für die Ostwestfalen.
Die Partie war spätestens da gelaufen, als Magnus Fredriksen ein Zuspiel auf Novak hoch ins Publikum feuerte. Lemgo tanze und freute sich nach dem Schlusspfiff über einen, nach der ersten Halbzeit wahrscheinlich unerwarteten Sieg. Die Wetzlarer Zuschauer gingen bedient und ernüchtert nach Hause. Mit 0:6-Punkten rangierten die Wetzlarer somit weiterhin auf dem 18. Tabellenplatz der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga.
Stenogramm:
HSG Wetzlar: T. Klimpke, Suljakovic; Meyer Ejlersen 2, O. Klimpke, Kuzmanovski 1, Vranjes 2, Becher, Fredriksen 2, Wagner 1, Mellegard 1, Zelenovic, Rubin 6, Fuchs, Novak 4/5, Cavor 4.
TBV Lemgo Lippe: Kastelic, Zecher;Hutecek 5, Theiliger 1, Zehnder, Brosch 4, Simak, Tomashevskyi, Carstensen 6, Suton 3, Zerbe 7/1, Versteijnen, Houtepen, Puls, Petrovsky.
Schiedrichter: David Hannes/Christian Hannes – Zuschauer: 2.307.